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Schwergewichte unter sich

MZ 05.09.2016

"Wir überheben uns nie, denn wir wissen ganz genau, was wir stemmen können", sagt Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) mit einem Zwinkern und schreitet zur Tat. Über eine kleine Aluleiter klettert er auf den gewaltigen rot-schwarzen Schwerlastkran des Unternehmens Mammoet und setzt sich an die Schalthebel in der Kanzel. Nach kurzer Einweisung durch Kranfahrer Frank Jahn setzt der Regierungschef erfolgreich eine tonnenschweres Gewicht um.

Nicht nur der Ministerpräsident, auch viele der Tausenden Besucher beim diesjährigen Tag der offenen Tür der InfraLeuna schauten am Samstag bei dem seit nunmehr 25 Jahren am Chemiestandort ansässigen Unternehmen vorbei, um zu gratulieren oder einfach nur die beeindruckende Technik einmal selbst zu steuern. Gleichzeitig weihten die Schwerlast-Experten einen neuen Bürotrakt ein. "Wir wachsen ständig, auch hier in Leuna", erklärte Jens Krawczynski, Geschäftsführer von Mammoet Deutschland GmbH.

Mit 5.000 Mitarbeitern weltweit und einem beeindruckenden Umsatz von einer Milliarde Euro gehört das niederländische Unternehmen, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1807 zurückreichen, zu den Branchenführern. Dabei kann Mammoet auf beeindruckende Projekte verweisen, die es im wahrsten Sinne des Wortes gestemmt hat, darunter etwa den Bau des Sarkophags um das havarierte Atomkraftwerk Tschernobyl, die Bergung des verunglückten russischen Atom-U-Boots Kursk oder den Transport der Heuersdorfer Kirche im sächsischen Borna. "Leider ist die Arbeit heute schwieriger geworden", erklärte der Geschäftsführer jedoch dem Ministerpräsidenten. "Denn aufgrund der maroden Verkehrsinfrastruktur nimmt die Planung von großen Projekten immer mehr Zeit in Anspruch, weil Fahrgenehmigungen nicht mehr so leicht zu haben sind wie früher", sagte Krawczynski. Haseloff nickte, auch wenn er wusste, dass er dem Unternehmen bei diesem Problem nicht kurzfristig helfen kann. Wie problematisch sich marode Brücken und Straßen auf das tägliche Geschäft auswirken können, zeigt das Beispiel eines der größten Kräne, die Mammoet vorhält: einen mehr als 3.000 Tonnen schweren Ringkran, der in Einzelteilen mit rund 100 Schwerlast-Lkw angeliefert werden muss.

Während sich Haseloff diese unglaublichen Zahlen anhörte, plauderte Niederlassungsleiter Volker Friedrich über seine beeindruckende Karriere. 18 Jahre ist er nun schon dabei. Noch zu DDR-Zeiten hatte er den Beruf des Kranfahrers gelernt, den es so heute gar nicht mehr gibt. "Dabei wäre das wünschenswert, denn hinter der Arbeit mit diesen Schwergewichten steckt so viel Verantwortung", meinte der 56-Jährige. Für ihn sei es immer wieder ein Höhepunkt, die Stillstände in der Raffinerie zu begleiten. Bei den Revisionen, im kommenden Jahr stehe wieder eine an, sei Mammoet mit Dutzenden Kränen vor Ort, um alte Teile aus- und neue einzuheben. "Dabei kann man sich richtig beweisen", sagte Friedrich.

Beweisen konnten sich an anderer Stelle auch die kleinen Besucher des Tags der offenen Tür: Auf dem Hof der Werkfeuerwehr konnten sie spielerisch ihre Fähigkeiten zeigen und an einem Modell Brände löschen. geduldig erklärte Feuerwehr-Chef Frank Hesselbarth den Gästen zudem die moderne Technik der Retter.

Sich kaum retten vor den Menschenmassen konnten sich am Samstag auch die Mitarbeiter der Infra, die die Tickets für die Bustouren durch das Werk ausgaben. Jedermann wollte wenigstens auf einer der vier möglichen Routen einen kurzen Einblick in den Chemiestandort erhaschen. Bei den kommentierten Fahrten wurde viel Wissenswertes über den Standort, aber auch zu einzelnen Firmen erzählt.

Die Touren führten auch ins Herz der Logistik der InfraLeuna, dem riesigen Rangierbahnhof. Würde man die Waggons, die jährlich in Leuna abgefertigt werden, aneinanderreihen, bildete sich eine Schlange bis ins russische Wladiwostok, wie InfraLeuna-Geschäftsführer Christof Günther erklärte.

Vor allem Eisenbahn-Fans erlebten hier ihren ganz persönlichen Höhepunkt, als eine Lokomotive mit eigenwilligem Design enthüllt wurde. Das Schienenfahrzeug ist kunterbunt, gestaltet hat es der Leipziger Künstler Michael Fischer-Art. "Schon die Überführung war spannend, weil sich überall Eisenbahnfreunde mit ihren Kameras an der Strecke auf die Lauer gelegt hatten", erzählte Christof Günther.