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Raffinerie steht vor Umbruch

MZ 02.09.2015

Die Raffinerie Leuna und ein Großteil ihrer Belegschaft sind seit 1997 gemeinsam gealtert.Wobei gealtert bei der Raffinerie natürlich relativ zu sehen ist. Die Anlagen sind die modernsten ihrer Art in Europa. Und das soll mit millionenschweren Investitionen auch so bleiben. Bei den Mitarbeitern ist das Problem quasi hausgemacht und war auch so gewollt. "Als die Raffinerie 1997 in Betrieb ging, wurden bewusst erfahrene Mitarbeiter eingestellt. So sollte garantiert werden, dass die Produktion von Beginn an professionell abläuft", sagt Geschäftsführer Willi Frantz. Die Kehrseite der Medaille: Zwischen 2016 und 2025 müssten altersbedingt 176 von den 636 Stellen neu besetzt werden, so Frantz, pro Jahr seien das etwa 17. 

Bei der Suche nach Fachkräften setzt die Raffinerie Mitteldeutschland vor allem auf das Potenzial in der Region. "Wir gehören zwar zum Weltkonzern Total, die Rekrutierung der Azubis passiert aber lokal", sagt der Geschäftsführer. In Sachsen-Anhalt gehört die Raffinerie zu den besten Ausbildungsbetrieben. 204 Azubis hat das Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Bildungsakademie Leuna (BAL) und der Berufsschule seit 1997 ausgebildet. Von den jungen Leuten, die übrigens alle aus der Region stammen, sind 152 mit einem festen Job in der Raffinerie geblieben. Und was noch für das Unternehmen spricht: "Die Abbrecherquote ist sehr niedrig", sagt Jana Spittka, Personalreferentin in der Raffinerie. Außerdem sei es bislang immer gelungen, genügend Azubis zu finden - auch ohne "Kopfprämien", wie sie andere Firmen zum Teil zahlen, um sich im Wettbewerb um den Nachwuchs einen Vorteil zu verschaffen.

"Die Zahlen belegen, wie gründlich hier bereits bei der Vorauswahl gearbeitet wird", lobt Petra Bratzke, Chefin der Agentur für Arbeit in Halle. Normalerweise würde die Abbrecherquote im Durchschnitt nämlich bei 25 Prozent liegen. Und im Gegensatz zur Raffinerie, die alle 13 freien Plätze für das neue Lehrjahr auch besetzen konnte, habe die Agentur branchenübergreifend noch 300 freie Lehrstellen im Bestand. Bis spätestens Dezember könnten diese noch vergeben werden.

Unterdessen sieht auch Willi Frantz den Flüchtlingsstrom als Chance, Fachkräfte für die Wirtschaft zu gewinnen. Schon heute würden Mitarbeiter aus sieben Nationen am Standort in Spergau arbeiten. Natürlich müsse vor allem die Frage der Qualifikation geklärt werden. Da die Raffinerie strengen Sicherheitsvorschriften unterliege, müsse eine Ausbildung zunächst außerhalb des Werks erfolgen.

Die Agentur stelle sich darauf ein, auch Asylbewerber in Arbeit zu bringen. "Wir bieten Gespräche dazu beispielsweise in Gemeinschaftsunterkünften an, wenn es gewollt ist", sagt Petra Bratzke. Momentan sieht sie vor allem noch zwei Hürden: So dauere es in Sachsen-Anhalt noch zu lange, bis ausländische Abschlüsse anerkannt werden. "Außerdem muss geregelt  werden, dass junge Leute, die in einer Ausbildung sind, nicht abgeschoben werden", meint die Agentur-Chefin. Es gebe politisch also noch einiges zu tun.