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Für Zukunft gerüstet

MZ 20.11.2018

"Wenn 2050 nur noch die besten Raffinerien am Markt sind, dann wird Leuna dazugehören", ist der ehemalige Geschäftsführer der Total-Raffinerie Mitteldeutschland, Reinhard Kroll, überzeugt. Wenn man in Zeiten von Energiewende, Plastikverboten und E-Mobilität nichts getan hätte, dann wäre der Standort in Spergau sicher in Gefahr. "Aber erstens zählt die Raffinerie in Europa zu den neuesten Anlagen und zweitens hat Total in den vergangenen Jahren kontinuierlich investiert", begründet Kroll, warum die Anlage aus seiner Sicht so zukunftssicher ist. Bei einer Diskussionsrunde in Leuna anlässlich einer Festwoche "90 Jahre Kulturhaus" plauderte der ehemalige Standort-Chef über das Werk und seine Strahlkraft.

Ohne Zweifel ist die Raffinerie für den Standort, für die Region, für das ganze Land von riesiger Bedeutung. Und, so ist Kroll überzeugt, war die ebenso lange Tradition der Benzin-Produktion auch Treibstoff für die Entwicklung des Kulturhauses. "Die Produktion und der Bau des Kulturhauses begannen ja fast zur selben Zeit, das hängt zusammen, auch wenn es immer ein Geben und Nehmen war", sagt Kroll. Denn wäre das im Kulturhaus Dargebotene über die Jahre nicht attraktiv genug gewesen, hätte es womöglich denselben Niedergang erlebt wie das ehemalige Klubhaus von Buna.

Mit dem Rückhalt der Menschen, aber auch aus den Leuna-Werken, habe die Einrichtung bis heute Bestand gehabt. "Dazu kommt, dass es in Leuna Menschen gab und gibt, die sich um das Kulturhaus stets gekümmert haben", sagte Kroll. "Vor denen habe ich die größte Hochachtung."

In den vergangenen 90 Jahren haben sowohl die Kulturstätte als auch der Standort nicht nur Hochzeiten durchlebt. Gleich mehrfach stand der Chemiestandort quasi vor dem Aus. "Dass die Benzinproduktion auch für militärische Zwecke hochgefahren wurde, hatte zum Kriegsende gravierende Folgen für das Werk", erinnert Kroll. "Von 80.000 Bomben, die abgeworfen wurden, trafen 10.000 den Chemiestandort. Das Werk wurde praktisch kurz und klein gehauen."

Ein erster entscheidender Schritt für eine strahlende Zukunft wurde demnach nach Kriegsende genommen, als man sich für den raschen Wiederaufbau entschied. Eine zweite Rettung des Standorts brachte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl, der sich direkt dafür einsetzte, dass der französische Elf-Konzern in Leuna investierte und eine moderne, wettbewerbsfähige Raffinerie aufbaute. Auch BP wollte den Zuschlag, aber nur kleinteilig investieren. "Ich bin felsenfest überzeugt, dass das ein Sterben auf Raten geworden wäre", sagt Reinhard Kroll.