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Es läuft wie geschmiert

MZ 23.07.2018

"In Mücheln wohnen, am Geiseltalsee leben, in Leuna arbeiten. Was besseres kann mir nicht passieren. Ich bin stolz auf das, was aus der Region geworden ist", sagt Dietrich Strauß. Dabei steht er gerade im Gewerbegebiet Krumpa. An das Mineralölwerk Lützkendorf oder besser gesagt Addinol, an dieser Stelle 1936 gegründet und bis 1999 betrieben, erinnern heut nur wenige Ruinen und das Gerüst der Fackel der Raffinerie. Die kilometerlangen Rohrtrassen und -brücken, Anlagen und Tanklager sind abgerissen. Es war sein Betrieb.

Hier hat er 1975 mit der Lehre zum BMSR-Techniker begonnen, hat hier gerne gearbeitet, seine Frau kennengelernt, schwärmt vom "Zusammenhalt in einem super Team", erinnert sich an "schöne Feiern im Kulturhaus". Fakt ist aber auch: Er war zum Schluss als studierter Automatisierungstechniker einer der 40 verbliebenen Mitarbeiter von 4.000. Doch Dietrich Strauß hatte Glück. Er zog mit Addinol mit an den neuen Standort im Chemiepark Leuna um und arbeitet heute, mit 59 Jahren, für die Firma im deutschlandweiten Vertrieb der Schmierstoffe. "Ja ich hatte Glück", erinnert er sich. "Es war erschreckend, dass die Leute gegangen worden. Es sollte hier nicht gehen, und es ging dann nicht mehr."

Dabei hatte Addinol für die Region wie für die Wirtschaft eine enorme Bedeutung. Ohne Wohnraumbedarf für die Beschäftigten gebe es zum Beispiel die Siedlung am Eptinger Rain in Mücheln nicht. Die gesamte Schmierstoffindustrie der DDR war hier konzentriert. Letztlich legte die Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Mineralölwerks mit ihren Produkten den Grundstein dafür, dass die Addinol Lube Oil GmbH heute nach eigener Einschätzung etwa Rang 15 unter den deutschen Schmierstoffherstellern einnimmt.

Geschäftsführer Georg Wildegger, ein gebürtiger Schwabe, kam 1991 als externer Berater nach Krumpa. Er erlebte mit, wie schon 1992 das Werk zur Schließung freigegeben war und welche großen Hoffnungen es 1994 gab, als ein neuer Investor gefunden war. Neben dem nie umgesetzten Sanierungskonzepts spricht er von Leckagen und "Ineffizienzen ohne Ende". Weil die DDR-Wirtschaft und damit der Bedarf zusammenbrach, sei der Absatz von 360.000 Tonnen auf 25.000 Tonnen geschrumpft. 1997 mit immerhin noch 400 Arbeitsplätzen sei wieder ein neuer Investor gesucht worden. 300 Millionen D-Mark hätte man für den Neubeginn gebraucht, sagt er. Niemand habe sich gefunden.

Da sei es auch unter seiner Führung zur Ausgründung und zum 2000 eröffneten Neubau in Leuna gekommen. Denn es habe bei Addinol exzellente Fachleute gegeben, und er sei von der Forschungsabteilung überzeugt gewesen. Seine Idee damals: Nicht mehr auf Grund-Öle setzen, sondern auf Fertigprodukte. Erst so setzte sich die Erfolgsgeschichte von Addinol fort. 

Aus 40 Mitarbeitern wurden bis heute 110 plus weitere 100 im weltweiten Vertrieb. 2018 wurde ein Umsatz von über 70 Millionen Euro erzielt. Die zunächst in die westlichen Bundesländer und Holland ausgelagerte Produktion findet seit 2006 in Leuna statt und ist seitdem mehrfach erweitert worden. Mehr als 25.000 Tonnen unterschiedlichster Schmierstoffe werden inzwischen jährlich produziert. Insgesamt stellt Addinol rund 450 verschiedene Produkte her. Neu- und weiterentwickelt werden jährlich 40 Hochleistungsschmierstoffe. 

2018 ist allein eine Investition von neun bis zehn Millionen Euro zum Beispiel in Tankanlagen geplant, die gebraucht werden, weil man ja selbst Öle mischt und abfüllt. Insgesamt wurden seit 2000 über 35 Millionen Euro investiert. Mehr als 60 Prozent der Waren werden in mehr als 90 Länder exportiert. "Nur in Afrika gibt es für uns noch weiße Flecken", so der Geschäftsführer. Wobei Georg Wildegger nicht verhehlt, dass im genau dieser Fokus auf den Export auch Sorgen bereitet was etwa gerade die Diskussion um Zölle betrifft. Warum es ihm aber um Addinol nicht bange ist? "Unsere Produkte sind teuer, aber besser."