Branche im Wandel
MZ 26.04.2013
Ein Knopfdruck und sie läuft: keine Sekunde nachdem Matthias Piehler den Laptop bedient hat, rattert die kleine Produktionsanlage auf dem Tisch vor ihm los. Was aussieht wie ein simpler Lego-Bausatz, ist ein Modell der von Piehlers Arbeitgeber Avi angebotenen Softwarelösungen. Unter anderem für Leuna-Harze und Addinol hat das kleine Unternehmen bereits komplizierte Prozessabläufe dieser Art programmiert. Bei der 8. Auflage der Standortmesse "Leuna-Dialog" warben Piehler und Kollegen gestern um neue Kunden.
Im Jahr 2006 gestartet, hat die Messe im Kulturhaus so einiges erlebt, wie der Geschäftsführer des Standortdienstleisters InfraLeuna, Christof Günther, noch einmal rekapitulierte. "Mit Blick auf die Finanzkrise, der folgenden leichten Erholung und der nun andauernden europäischen Schuldenkrise waren die Bedingungen für uns nicht immer vorteilhaft", sagte er. Von der Landesregierung erhofft sich der Geschäftsführer umso mehr Unterstützung in der Zukunft. Denn heute müssten die Unternehmen am Standort Umlagen zahlen, deren Namen sie bei der Premiere der Messe nicht einmal im entferntesten gehört hätten. Insbesondere die kletternden Energiepreise bereiten Günther Sorgen. "Erstmals bezahlen wir jetzt auch noch den Wassercent, was eine neue Belastung bedeutet", erklärte er.
Trotz der schwieriger gewordenen Rahmenbedingungen habe sich sowohl der Standort als auch dessen Fachmesse weiterentwickelt. Bei der "Leuna-Dialog" zeigt sich das etwa bei der Ausstellerzahl - waren es 2006 lediglich 29 Unternehmen, die sich potenziellen Kunden präsentierten, hatten gestern bereits 83 ihre Stände aufgebaut und das Kulturhaus in einen lebendigen Marktplatz verwandelt. Im kommenden Jahr könnten durchaus weitere Unternehmen hinzu kommen, denn die Chemiebranche befindet sich trotz der Krisen-Schlagzeilen weiter im Wachstum: In Sachsen-Anhalt erwirtschaftete sie zuletzt ein Sechstel des Gesamtumsatzes. Zudem war jeder neunte Arbeitsplatz in dieser Branche zu finden.
In einem Vortrag überbrachte auch der Geschäftsführer der Regionaldirektion der Arbeitsagentur, Kay Senius, frohe Botschaften. Denn laut ihm werde die Chemie auch in den kommenden Jahren vorerst ein Zugpferd in Sachsen-Anhalt bleiben, das seine Stärke aus dem Verbund aus Weltkonzernen, innovativen mittelständischen Unternehmen und 15 Forschungszentren bezieht.
Seit der Jahrtausendwende sei die Zahl der Beschäftigten von knapp 7.000 auf nunmehr über 10.000 gestiegen. "Einen Fachkräftemangel gibt es am Standort Leuna nicht", sagte Senius. Dabei legte er den Unternehmen vor allem nahe, Mitarbeiter weiter zu qualifizieren und Lehrlinge durch eine bessere Begleitung von einem Abbruch der Ausbildung abzuhalten.