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Klein ist groß im Geschäft

MZ 15.10.2012

Nächste Frage: Pigment - eine Haupteigenschaft ist gesucht. Günther Jauch, der Spielmeister, legt in einer solch kniffligen Situation schon mal die Stirn in Falten. Und der Kandidat lässt sein Gehirn rattern... Jetzt die Auflösung: Richtig, ein einzelnes Pigment ist unsichtbar. Kein Wunder, es misst kaum 0,001 Millimeter. 

Aber klein kann auch groß sein, in der Masse nämlich. Ein Beispiel dafür liefert das finnische Unternehmen FP-Pigments. Vier Jahre schon demonstriert dies der in der Nähe von Helsinki beheimatete Familien-Konzern nun auch in Leuna (Saalekreis). Seit einer Millionen-Investition laufen chemische Herstellungsprozesse rund um die Uhr. 

Alles für die Deckkraft 

Geschäftsführer Markus Blomquist erklärt, worum es dabei eigentlich geht. Wissen müsse man: "Ohne Pigmente gibt es keine Farben." Ihr Anteil im Farbeimer sei zwar relativ gering, der Effekt an den Wänden, in Kunststoffen oder auf Autokarossen jedoch enorm. Erst die Pigmente sorgen im Gemisch mit anderen Bestandteilen für die jeweils gewünschte Deck- und Leuchtkraft. 

 
Abgefüllt werden die Pigmente in tonnenschwere Big-Packs. Ihr Inhalt strahlt weiß wie die Zähne in der Zahnpasta-Reklame. Wer das Material durch die Finger rieseln lässt, fühlt sich irgendwie an Mehl erinnert. Was so alltäglich anmutet, besitzt einen ziemlich komplizierten wissenschaftlichen Hintergrund. FP-Pigments hält dazu auch etliche Patente. Die Herausforderung kann Blomquist freilich nur unter dem Elektronen-Mikroskop verdeutlichen. 
"Im Grunde bauen wir in der Anlage die Moleküle um." Das geschieht nicht auf einmal, sondern über mehrere Produktionsstufen. Drei Ausgangsstoffe sind aber auf jeden Fall dafür erforderlich. Zum einen beschickt die Mannschaft die Reaktoren mit Kalk, unter anderem aus Tschechien. Zum anderen müssen die Maschinisten auf die permanente Zufuhr von Kohlendioxid achten - ein Gas, das praktischerweise gleich ein benachbartes Chemiepark-Unternehmen bereitstellt. In einem ersten Schritt reagieren beide Stoffe miteinander. Aber damit ist noch nicht viel gewonnen, meint der studierte Chemiker. Das Konzept geht nämlich erst auf, wenn ein spezielles Titan-Gemisch als späterer Pigment-Kern dazukommt. Was sich so einfach erzählen lässt, steckt offenbar voller Geheimnisse. Aus diesem Grund ist FP-Pigments auch daran gelegen, nicht allzu viele Einblick in die Anlage zu erlauben. So viel steht aber fest: Geräuschlos läuft der Betrieb nicht. Schalldichte Fenster schirmen die Büros ab. Mitarbeiter in der Anlage tragen aus gutem Grund spezielle Ohrenschützer. 

Etliche Lkw holen die Pigmente-Fracht aus Leuna täglich ab. Ziel der Fuhren sind Farbenhersteller in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Hier registrieren die Finnen einen Wandel zu ihren Gunsten. "Lief früher fast alles über den Preis, ist jetzt Umweltfreundlichkeit ein entscheidendes Kriterium." Viele Ladungen nehmen über Häfen in Hamburg und Rotterdam auch Kurs nach Übersee. Einen wichtigen Wachstumsmarkt erkennt das Unternehmen gegenwärtig in Südamerika. 
Auch Asien und Afrika meldeten Blomquist zufolge einen wachsenden Bedarf an. Der Manager, der gut 100 Tage im Jahr auf allen Kontinenten die Kundenkontakte pflegt, glaubt der Prognose trotz verschiedener Krisenanzeichen. Danach soll der weltweite Umsatz bis zum Jahr 2018 kräftig zulegen. Dann soll in der Gesamtbilanz dieser Branche die sagenhafte Summe von 27,5 Milliarden Dollar auftauchen. Dieser optimistische Ausblick beflügelt auch die Fantasie der eher zurückhaltenden Finnen. Angesichts der Trend-Vorhersage ist das Unternehmen inzwischen zu einer Schlussfolgerung gekommen, von der auch die mitteldeutsche Wirtschaft profitiert. FP-Pigments plant eine bedeutende Erweiterung seiner Produktionskapazität am Standort. Die Rede ist sogar von einer Verdopplung des Ausstoßes. 


2014 geht es los 


Blomquist als Absolvent der international geschätzten ABO-Akademie in Turku meint: "Damit hat sich natürlich eine wichtige unternehmerische Hoffnung erfüllt." Man sei freilich von Anfang an davon ausgegangen, räumt der 40-Jährige ein, in Leuna möglicherweise eine zweite Linie aufzubauen. Dafür werde nun erneut eine zweistellige Millionensumme aufgewendet. "Jetzt sind die Umstände günstig, die Vision zu verwirklichen." Spätestens 2014 wolle man die Anlage anfahren. Dann würden zu den 20 Jobs noch einmal zehn neue Stellen für Chemikanten hinzu kommen.